Die Situation von Frauen in Indien
Geringschätzung, Unterdrückung und Diskriminierung von Frauen und Mädchen in der indischen Gesellschaft sind kein Einzelfall, sondern ein Massenphänomen. Trotz der rasanten Entwicklung, die Indien auf der einen Seite gemacht hat, sind die patriarchalen Machtstrukturen noch lange nicht abgeschafft und Frauen und Mädchen werden in vielen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens ausgegrenzt. Sexuelle Übergriffe auf sie sind an der Tagesordnung, arrangierte Ehen mit minderjährigen Mädchen vielerorts normal. Auch, wenn Kinderehen rechtlich untersagt sind, und das Mindestalter für die Verheiratung von Mädchen offiziell bei 18 Jahren liegt. Weibliche Föten werden häufig abgetrieben und so wundert es nicht, dass 52,1 % der Kinder zwischen 0 und 6 Jahren Jungen sind. Ein Mädchen zu gebären, wird als Fehler der Frau angesehen. Die Folgen zeigen sich bei der Geschlechterverteilung: 943 Frauen kommen auf 1.000 Männer (Indian Census 2011).
Traditionell essen Frauen und Mädchen in Indien erst, wenn der Rest der Familie seine Mahlzeit eingenommen hat. Dies ist verstärkt auf dem Land immer noch zu finden. So kann es auch vorkommen, dass Frauen und Mädchen sehr wenig oder gar kein Essen erhalten: Viele leiden unter Mangelernährung und Eisenmangel.
Die Kindersterblichkeitsrate bei Kindern unter 5 Jahren lag 2018 bei 36,6 %. Mädchen brechen deutlich häufiger die Schule ab als Jungen. Eltern befürchten teilweise, dass es für sie schwieriger sein wird, für ihre Tochter einen Ehemann zu finden, wenn diese eine gute Schulausbildung hat. Die Alphabetisierungsrate beträgt in Indien 73 %. Auch hier zeigt sich ein deutlicher Unterschied bei Männern und Frauen: die Rate liegt bei Männern bei 80,9 % und bei Frauen in Indien bei 64,6 % (Indian Census 2011). 25,51 % der Frauen im Vergleich zu 53,26 % der Männer sind erwerbstätig. Diese Beispiele zeigen, Diskriminierung und Ausgrenzung des weiblichen Geschlechts findet auf allen Ebenen statt. Männer bestimmen in Indien den Gang der Dinge.
Geschlechtsspezifische Diskriminierung, Gewalt und Belästigungen gegenüber Mädchen und Frauen verletzten die Grundrechte des weiblichen Geschlechts. Dies wollen wir bekämpfen und Frauen sowie Männer für die Rechte der Frauen sensibilisieren. So stellen wir traditionelle Vorstellungen und die Privilegien von Männern in Frage, sobald sie die Grundrechte der Frauen verletzen. Wir haben es uns zum Ziel gesetzt, die Einstellung von Jungen und Männern gegenüber Mädchen und Frauen zu ändern, ihr Bewusstsein für das Thema Gewalt gegen Frauen zu schärfen und Jungen und Männer zu überzeugen, Frauen als wertvolle Partnerinnen in der Entwicklung von Familie, Gemeinschaft und Gesellschaft zu betrachten.
Was wir machen
Bereits 1984 wurde der „Women Development Trust“ gegründet, um Frauen bei ihrem Weg in ein selbstbestimmtes Leben zu unterstützen. Heute ist das Thema Frauen in allen unseren Projekten und Programmen präsent. Die Schwerpunkte legen wir auf vier Bereiche: Vermeidung von geschlechtsspezifischer Gewalt; Zugang zu Bildung; Gesundheit und Wohlbefinden; wirtschaftliche Unabhängigkeit und Zugang zu Eigentum.
Einige Beispiele unserer Arbeit
- Wir schulen Frauen im Weben, Schneidern oder dem Herstellen von Kunsthandwerk.
- Wir unterhalten Beratungszentren für Frauen und Männer, um geschlechtsspezifischer Gewalt vorzubeugen oder unterstützend zu beraten.
- Wir gehen gegen Kinderehen vor.
- Wir unterhalten ein Frauenhaus.
- Wir führen bewusstseinsbildende Maßnahmen für Jungen, Mädchen, Männer und Frauen durch.
Nahezu 1.500 Sozialarbeiter unterstützen uns bei unserer Arbeit. Mehr als 100.000 Frauen sind in Selbsthilfegruppen (Sanghams) organisiert, um eine Stimme zu bekommen. Es findet ein stetiger sozialer Wandel statt:
Sivamma, Mitglied im Sangham von M. Mhalli
Früher: Mussten wir im Haus bleiben und unsere Männer erledigten alle Aufgaben außerhalb des Hauses.
Heute: Gehen wir in die Öffentlichkeit, zur Bank, um unsere Ersparnisse einzuzahlen, und haben unsere eigenen kleinen Geschäfte.
Früher: Wurde ein Mädchen nach ihrer ersten Periode verheiratet.
Heute: Heiraten Mädchen nicht vor ihrem 18. Lebensjahr.
Früher: Besaßen Männer alles Land.
Heute: Sind die Häuser auf unsere Namen eingetragen. Unser Name zählt auch.