Wie die Vicente Ferrer Stiftung (RDT) in Andhra Paradesh Menschen in Dörfern in der Maskenherstellung schulte und 1 Million Masken herstellte
Die Stiftung schult Frauen in der Herstellung von Masken und kauft ihnen die Masken ab, um sie in den Dörfern der Region zu verteilen.
Damsam Kistamma, eine 25-jährige Frau aus dem indigenen Stamm der Chenchus, ist aufgrund der strengen Ausgangsbeschränkungen nun arbeitslos. “Wir waren ohnehin auf kleine Gelegenheitsjobs angewiesen oder haben im Wald Beeren, Nüsse oder Pilze gesammelt und verkauft, um zu überleben, und jetzt haben wir nichts mehr. Selbst, wenn wir im Wald die Naturerzeugnisse sammeln, wie sollen wir sie verkaufen und an wen?”, fragt Kistamma.
Erramma aus Kuderu in der Region Anantapur ist Schneiderin und lebt zusammen mit ihrem Mann, ihrer Mutter, ihrer Schwester und deren Sohn unter einem Dach. Seit ihr Ehemann, der hauptsächlich als Landarbeiter arbeitet, während der Ausgangsbeschränkungen arbeitslos geworden ist, hat die Familie wirklich zu kämpfen.
Geschichten, wie die von Kistamma und Erramma, gibt es in Indien gerade zu Hauf, aber trotzdem sind ihre Geschichten besonders. Kistamma und Erramma sind sich zwar nie persönlich begegnet, haben aber dank der Vicente Ferrer Stiftung in Indien (RDT) eine verbindende Erfahrung gemacht.
Die strengen Ausgangssperren trafen die Tagelöhner in Indien sehr hart. Über Nacht hatten sie ihre Arbeit verloren und waren ohne Hilfe der Regierung plötzlich auf sich allein gestellt. Die Vicente Ferrer Stiftung in Indien (RDT) hat schnell verstanden, dass sie einerseits versuchen müssen, den Lebensunterhalt der Menschen zu sichern, und auf der anderen Seite, möglichst viele Menschen vor dem Coronavirus schützen müssen.
Und so wurde ein Plan entwickelt, der beide Probleme umfasste.
Die Vicente Ferrer Stiftung in Indien (RDT) beschloss, Frauen in der Herstellung von Masken zu schulen. Safia Begum ist die stellvertretende Direktorin der Kunsthandwerkstätten der Stiftung. In den Kunsthandwerkstätten lernen Frauen mit Behinderung ein Kunsthandwerk und können sich durch den Verkauf der Produkte ihren Lebensunterhalt verdienen. So können diese Frauen, die in ihren Dörfern und Familien oft Diskriminierungen ausgesetzt sind, z.B. das Schneidern lernen.
Als COVID-19 in Indien ausbrach, beschloss Safia, dass die Schneiderinnen in den Kunsthandwerkstätten beginnen sollten, Masken zu nähen. Sie schulte Frauen an drei unterschiedlichen Standorten in der Maskenherstellung und die Frauen machten sich an die Arbeit. Als dann die Ausgangssperre verhängt wurde, gingen die meisten Frauen nach Hause in ihre Dörfer, nur etwa 30 Frauen blieben in der Kunsthandwerkstatt. “Wir stellten fortwährend Masken her. Zuerst verteilten wir sie an Mitarbeiter aus dem Gesundheitsbereich, Ärzte, Krankenschwestern, die Polizei und Mitarbeitende der Vicente Ferrer Stiftung in Indien (RDT), die ebenfalls an vorderster Front arbeiteten. Das Team ließ sich von medizinischem Fachpersonal beraten, um herauszufinden, welches Material und welche Textur für die Masken erforderlich sind, wie sie sterilisiert werden sollten und wie man sie am effektivsten einsetzt.
Dann entschieden Safia und ihr Team, ihre Arbeit auszuweiten. Sie beschlossen, dass sie auch in den Dörfern Schneiderinnen und Schneider für die Herstellung von Masken schulen könnten. So fuhren Safia und ihre Kollegin mit einer Sondererlaubnis in 21 Dörfer. Dort führten sie Schulungen für etwa 10 bis 15 Personen – Schneiderinnen und Schneider, sowie solche, die es werden wollten – durch. “Wir sind eine Stiftung, die seit 50 Jahren in der Region tätig ist, sodass wir über ein breites Netzwerk verfügen und Kontakte zu den Leitern der Dorfgemeinschaften haben, die die Personen für die Teilnahme an den Schulungen ausgewählt haben. Wir konnten immer nur 10 bis 15 Personen gleichzeitig schulen, da wir die Abstandregeln einhalten mussten”, sagte sie.
Die Vicente Ferrer Stiftung in Indien (RDT) stellt den Schneiderinnen und Schneidern die benötigten Stoffe und anderen Materialien für die Herstellung der Masken zur Verfügung. Nach der Herstellung der Masken, kauft die Stiftung diese für sechs Rupien pro Einheit von den Arbeiterinnen und Arbeitern ab, wodurch sichergestellt wird, dass die Menschen ihren Lebensunterhalt mit dieser Arbeit bestreiten können. Erramma war eine der Frauen, die an einer Schulung teilnahm: “Dort lernten wir auch, wie wichtig es gerade jetzt ist, die Hygieneregeln einzuhalten, die Hände regelmäßig mit Seife zu waschen, das Haus und den Bereich, in dem wir die Masken nähen, sauber zu halten. Diese Informationen habe ich auch an meine Nachbarn weitergegeben”, sagte sie.
Die Maskenherstellung hat Erramma zu einer stolzen Frau gemacht: “Die Ausgangssperre ist hart. Meine Familie und ich kommen hauptsächlich aufgrund der Maskenherstellung durch. Ich stelle jeden Tag etwa 40-50 Masken her. Es macht mich stolz, dass meine Arbeit meiner Familie in dieser schwierigen Zeit hilft, und ich bin froh, dass ich nicht untätig zu Hause sitze.“
Auch Kistamma wurde für die Schulung in der Maskenherstellung ausgewählt. Da sie keine Schneiderin ist und somit keine Nähmaschine besitzt, wurden ihr diese sowie die Stoffe und anderen Materialien von der Stiftung zur Verfügung gestellt. „Ich bin froh, ein Teil des Ganzen zu sein, weil es mir in diesen Zeiten eine Einkommensquelle verschafft hat. Es ist sehr schwierig für uns, in dieser Region Masken zu kaufen. Wenn wir unsere eigenen Masken herstellen, können wir uns selbst versorgen und brauchen uns keine Sorgen zu machen. Mein Ziel ist es nun, 50 Masken pro Tag herzustellen“, sagte eine begeisterte Kistamma.
Die 10 bis 15 Schneiderinnen und Schneider, die an den einzelnen Schulungen teilnahmen, schulten dann wiederum Menschen in ihren Gemeinschaften. Auf diese Weise gelang es, über 2.081 Menschen in 375 Dörfern in der Maskenherstellung auszubilden. Vor allem in den Regionen Anantapur, Kurnool und Srisailam. Die Schneiderinnen und Schneider stellen pro Tag etwa 50-70 Masken her. Gemeinsam haben das Team der Stiftung und die Schneiderinnen und Schneider über eine Million Masken hergestellt – 964.962 Masken in den Dörfern und 69.948 Masken in den Kunsthandwerkstätten der Stiftung.
Die Stiftung hat auch ein Schulungsvideo gedreht und hofft daher, dass die Gesamtzahl derer, die eine Schulung erhalten haben, viel größer ist. “Mittlerweile haben wir Masken an alle Menschen in den Dörfern verteilt, aber wir müssen es noch an die Menschen, die in den Armenvierteln der Stadt Anantapur leben, verteilen. Und wir hoffen, dass wir bald auch außerhalb von Anantapur mit der Verteilung beginnen können”, sagte Safai.
Ärzte haben dem Team der Stiftung mitgeteilt, dass Masken mindestens noch ein Jahr lang benötigt werden könnten, sodass die Maskenherstellung durchaus noch länger andauern könnte, da fast täglich neue Masken benötigt werden. “Sie sagen, bis wir einen Impfstoff finden, werden wir Masken brauchen. Es sieht also nicht so aus, als würden wir unsere Produktion in absehbarer Zeit beenden”, sagte Safia.
Quelle: Edexlive.com, 6. Mai 2020, Übersetzung: Vicente Ferrer Stiftung in Deutschland