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Der Wasserkrise mit Solidarität begegnen


August 23, 2019    VFS

 

Frauen stehen zwei bis drei Stunden lang mit bunten Plastikgefäßen an einem Tankwagen Schlange, um ihre tägliche Wasserration zu erhalten. Diese Szenen wiederholen sich Tag für Tag im Dorf Durdakunta in der Region Anantapur. Das Dorf hat schon lange mit Wasserknappheit zu kämpfen, die sich mit jedem Jahr verschärft.


Die trockene Landschaft von Anantapur

Indien steuert auf eine Wasserkrise unvorhergesehenen Ausmaßes zu. Der vom National Institution for Transforming India im Jahr 2018 veröffentlichte Bericht des Composite Water Management Index stellt fest, dass Indien derzeit unter der schlimmsten Wasserknappheit seiner Geschichte leidet. Mehr als 600 Millionen Menschen leiden unter hohem bis extremem Wassermangel. In dem Bericht heißt es weiter, dass 21 Großstädte wie Delhi, Bengaluru und Hyderabad bis 2020 kein Grundwasser mehr haben werden, ein Umstand, der 100 Millionen Menschen betreffen würde. Die Situation in Chennai, eine der ersten Städte, in der die Wasserversorgung in vielen Haushalten abgeschaltet wurde und die Menschen auf öffentliche Wasserpumpen angewiesen sind, ist ein Zeichen für das Ausmaß der momentanen Wasserkrise.

In Anantapur herrscht dauerhaft Dürre. In den letzten 20 Jahren war die Situation mit nur zwei Jahren, in denen eine annähernd normale Ernte erzielt werden konnte, besonders gravierend. Die meisten Menschen in Anantapur sind in der Landwirtschaft tätig und im Laufe der Jahre haben die wenigen Niederschläge sie immer mehr von der Wasserversorgung durch Grundwasser abhängig gemacht.

Laut Malla Reddy, Direktor des Accion Fraterna Ecology Centers, hat Anantapur fast 270.000 Grundwasser-Bohrlöcher, obwohl nur 70.000 für die Region tragbar wären. In 2019 ist fast die Hälfte dieser knapp 270.000 Bohrlöcher trocken. Die Einwohner von Durdakunta, die sich in der Vergangenheit ebenfalls mehr auf die Versorgung durch Bohrlöcher als auf die öffentliche Versorgung verlassen haben, können dies nur bestätigen. Bis zu einer Tiefe von 150 m ist kein Grundwasser zu finden. „Seit meiner Kindheit hat mein Dorf mit Wassermangel zu kämpfen und es hört nicht auf“, sagt Mallesh, ein Tagelöhner. April bis Juni war hart, aber das Problem hat sich im Juli und August verschlimmert. Und während es in vielen anderen Teilen des Landes zu vereinzelten Niederschlägen kommt, regnet es in Anantapur nicht. Das Wasser fehlt nicht nur in der Landwirtschaft, sondern auch für den täglichen Gebrauch der Menschen. Die lokale Regierung stellt einmal pro Woche Wasser per Tankwagen zur Verfügung, das reicht aber bei weitem nicht aus.

Das Gemeinschaft-Entwicklungs-Kommittee von Durdakunta

In ihrer Not und Verzweiflung trat das Gemeinde-Entwicklungs-Komitee von Durdakunta an das Nachbardorf Batvanpalli heran. Batvanpalli nimmt an einem staatlichen Pilotprojekt teil, welches vor ca. 15 Jahren in einigen Dörfern gestartet wurde. Für jedes teilnehmende Dorf wurde ein Projektfonds bei einer Bank angelegt. Die Erträge daraus kann die Dorfgemeinschaft für Bedarfe des Dorfes verwenden. Die Einwohner von Batvanpalli entschieden sich, ihre Mittel im Juli und August für die tägliche Wasserversorgung von 1.000 Familien in Durdakunta zu verwenden. Dieses Wasser wird hauptsächliche zum Trinken und Kochen verwendet. Für andere Zwecke wird Wasser aus öffentlichen Quellen genutzt.


Die Dorfbewohner von Batvanpalli, die ihre Gelder für Durdakunta zur Verfügung stellen

Vor 10 Jahren befand sich Batvanpalli in derselben Situation wie Durdakunta heute. „Wir wissen, was es bedeutet, kein Wasser zu haben. Vor 10 Jahren kam die Vicente Ferrer Stiftung in Indien (RDT) und half uns. Sie organisierten Tankwagen und bauten Dämme und Bohrlöcher für uns Bauern. Jeder braucht Wasser. Deshalb haben wir nicht gezögert, als die Menschen aus Durdakunta mit ihrer Bitte an uns heran traten“, sagt Rathnamma, ein Bauer in Batvanpalli.

Für die Bewohner von Durdakunta bedeutet die Hilfe eine kurze Atempause. „Sie sind wie eine Gottheit für uns“, sagt Padmakka, ein Bauer. Die Wasserknappheit zwang viele aus dem Dorf, in nahe gelegene Städte wie Bangalore abzuwandern, um Arbeit zu suchen, da es im Dorf keine landwirtschaftliche Arbeit mehr gab. Diejenigen, die im Dorf blieben, haben sich alternative Einkommensquellen wie Tierhaltung gesucht. Der Wassermangel hat aber auch zur Folge, dass es weniger Futter für die Tiere auf dem Markt gibt.

Anlass zur Hoffnung gibt die Solidarität unter den Dörfern. Die Vicente Ferrer Stiftung in Indien (RDT) versorgte von Januar bis Juni 2019 über 12.700 Familien in 55 Dörfern mit Wasser. Für 31 Dörfer wurden dabei die Mittel aus dem Projektfonds verwendet. Nach wie vor ist die Situation jedoch unverändert kritisch und so sind weiterhin 83 Dörfer dringend auf Unterstützung angewiesen, insbesondere für Trinkwasser.

Text: Felita Viegas, Übersetzung: Vicente Ferrer Stiftung in Deutschland



 




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