Heute ist ein besonderer Tag für Manasa (13) und ihre Freundinnen aus Ramapuram. Es ist der Tag, an dem die mobile Bibliothek ins Dorf kommen wird. Sobald der Unterricht vorbei ist, rennen Mansa und ihre Freundinnen zum Treffpunkt unter dem Tamarindenbaum, wo Bibliothekarin Sowjanya bereits die Bücherregale aufstellt.
Manasa (links) mit ihren Mitschülerinnen
Die Bewohner der Region freuen sich über die neue mobile Bibliothek, die ihnen seit Juni Bildung und Wissen auf Rädern bringt. Das Hilfsprojekt ist dringend notwendig in dieser Region, in der mehr als 40 % der Bevölkerung weder lesen noch schreiben können. Die mobile Bibliothek hat mehr als 3.700 Bücher, 20 Tablets, einen Fernseher mit Soundsystem für E-Learning-Programme und Dutzende der neusten Magazine und Zeitungen im Angebot. Außerdem gibt es Brettspiele für alle Altersgruppen. Die mobile Bibliothek macht dieses Angebot Hunderten von Menschen in 16 Dörfern und verschiedenen staatlichen Oberschulen zugänglich.
Für das Hilfsprojekt wurden 17 Bibliothekare und Bibliothekarinnen, jeweils eine Person für jedes Dorf sowie eine Person für den Kleinbus, geschult. Sowjanya, die für den Kleinbus verantwortlich ist, ist seit einem Jahr am Hilfsprojekt beteiligt. Vor dem Start der mobilen Bibliothek besuchte sie verschiedene Dörfer, um das Alphabetisierungsniveau zu erfassen und für das Hilfsprojekt zu werben. „Jugendliche, die die Schule abgebrochen haben, interessieren sich sehr für Bücher, die mit Kochen, Schneidern und Landwirtschaft zu tun haben“, erklärt sie.
Die mobile Bibliothek soll die Freude am Lesen bereits in jungen Jahren fördern und dabei helfen, die digitalen Kompetenzen der Menschen in ländlichen Regionen zu verbessern. Neben Büchern können Kinder ab drei Jahren sowie Jugendliche mit Hilfe von E-Learning-Videos und Tablets interaktiv lernen.
Die Bibliothekare und Bibliothekarinnen haben es sich zum Ziel gemacht, niemanden beim Lernen zurückzulassen. Sie führen Lese- und Schreibworkshops für alle durch, die nie die Möglichkeit hatten, in die Schule zu gehen. Analphabetismus ist besonders unter Frauen verbreitet. Mehr als 55 % der Frauen in der Region können weder lesen noch schreiben.
Jugendliche der Klassenstufen 8 bis 10 werden in die Arbeit der mobilen Bibliothek einbezogen. Auf freiwilliger Basis geben sie mit Erzählungen und Spielen Wissen an die Dorfbewohner weiter. So wird ebenfalls der Austausch zwischen den Generationen im Dorf gefördert.
„Geschichten aus unserem Dorf“ ist eine weitere der vielen Aktivitäten, die über die mobile Bibliothek durchgeführt werden. Ziel ist es, die hauptsächlich mündlich überlieferten Legenden und Erzählungen der Region zu dokumentieren. Die Geschichten werden gesammelt und sollen in Telugu, Englisch und Spanisch mit den original Illustrationen der Dorfbewohner veröffentlicht werden.
Text: Felita Viegas and Aina Valldaura, Übersetzung: Vicente Ferrer Stiftung in Deutschland